Im Experteninterview: Ronald-Peter Stöferle

Im Experteninterview: Ronald-Peter Stöferle 03.07.2017

Im philoro Interview spricht Ronald-Peter Stöferle über mögliche Auswirkungen von Zinserhöhungen, Rezession oder eine Amtsenthebung Donald Trumps auf den Goldpreis.

Außerdem lesen Sie eine kurze Einschätzung zur Silberpreisentwicklung und Kryptowährungen als alternative Anlageform.

philoro: Anhand vergangener Zinserhöhungen lässt sich feststellen, dass Zinserhöhungen gegen der gängigen Meinung nicht per se schlecht für den Goldpreis sind. Könnten Sie das bitte näher erklären?

Stöferle: Die Auswirkungen von Zinserhöhungen auf den Goldpreis wurden speziell in unserem Goldreport 2015 behandelt. Dabei haben wir uns die Beziehung zwischen Gold und Zinsen sehr genau angesehen und kamen zu einem ganz klaren Ergebnis: Steigende nominelle Zinsen implizieren nicht notwendigerweise fallende Goldpreise. Das heißt: Für den Goldpreis ist die Entwicklung der Realzinsen wesentlich wichtiger. Es sind einzig die Realzinsen, die entscheiden, sprich: Nominelle Zinsen minus Inflation. Hier zeigt sich, dass negative und/oder fallende Realzinsen das mit Abstand beste Umfeld für den Goldpreis darstellen. In einem Umfeld negativer Realzinsen, wie wir es seit 2003 sehen, steigt der Goldpreis im Schnitt um 9 Prozent pro Jahr. Zudem sehen wir, dass aufgrund der Schuldenentwicklung und der Schuldendimensionen stark positive Realzinsen, wie wir sie beispielsweise in den 80ern oder teilweise in den 90ern noch hatten, eigentlich unmöglich sind. Wir können uns positive Realzinsen schlichtweg nicht mehr leisten. Daher gehe ich davon aus, dass die Realzinsen auf die Sicht der nächsten Jahre weiterhin sehr niedrig und auch negativ werden, was ein exzellentes Fundament für weitere Goldpreisanstiege darstellen sollte.

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philoro: Ein wesentlicher Punkt in dem diesjährigen Goldreport ist das Thema Rezession. Was bedeuten die Zinserhöhungen in diesem Zusammenhang für den Goldpreis?

Stöferle: Wir befinden uns in einem Zinserhöhungszyklus, der sehr langsam vonstattengeht, denn je höher die Schuldendimensionen, desto größer die Zinssensitivität. Insofern glauben wir, dass die Rezessionsgefahren deutlich höher sind als üblicherweise angenommen. Es gibt sehr viele Indikatoren, die suggerieren, dass eine Rezession in den USA deutlich wahrscheinlicher ist, als vom Mainstream angenommen. Dazu zählen beispielsweise fallende Steuereinnahmen in den USA, ein Kreditwachstum, welches in den letzten Monaten stark nachgelassen hat, ein schwacher Retail Sales sowie eine schwache Industrieproduktion. Was hat das nun für Konsequenzen für den Goldpreis? Wir wissen, sobald Rezessionsgefahren aufkommen, wird die Federal Reserve einen U-Turn machen. Das heißt, sie werden umdrehen und vielleicht eine neue Runde von Quantitative Easing implementieren müssen. Insofern sollte das der Moment sein, wo Gold an Momentum aufnimmt.

philoro: Sie erläutern aufgrund fragilem wirtschaftlichen und politischen Umfeld verschiedene Graue oder Schwarze Schwan-Ereignisse. Welche Konsequenzen hätte eine Amtsenthebung Donald Trumps für den Goldpreis?

Stöferle: Die Trump-Euphorie, welche eingekehrt ist, aber in den letzten Wochen ganz klar abgekühlt ist, würde umgekehrt werden. Ein Amtsenthebungsverfahren würde einerseits dauern und es würde sehr starke Verunsicherung implizieren. Die Federal Reserve würde wahrscheinlich auf die Bremse steigen und insofern sollte das durchaus positive Implikationen für den Goldpreis haben. Ich würde das jedoch nicht überbewerten. Wie wir in unserem Goldreport schreiben, gibt es so viele graue Schwäne, ich glaube, dass das nur einer davon ist. Im Endeffekt hat Trump entgegen der Erwartungen den Höhenflug des Goldes eingebremst. Wenn man sich den Chart anschaut, ist ersichtlich, dass die Aktien seitdem gestiegen sind und der Goldpreis im Zuge der Wahl von Trump eine ziemliche Korrektur erlebt hat. Markttechnisch war das höchst spannend. Meiner Meinung nach sind die Erwartungen des Marktes in Donald Trump viel zu hoch. Wir sehen im Moment, dass er diese hohen Erwartungen nicht erfüllen kann und dass er sich der ökonomischen Realität, welche alles andere als positiv aussieht, fügen muss.

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philoro: Aufgrund des anhaltenden Bitcoin-Trends kommt die Frage auf, wie der Markt auf staatlich generierte Kryptowährungen reagiert, wenn es diese geben sollte?

Stöferle: Ich glaube, das ist im Endeffekt ein Oxymoron. Eine staatliche Kryptowährung ist eigentlich absurd, da das genau das Gegenteil von dem ist, was die Vorzüge von Kryptowährungen sind- die dezentrale Organisation. Insofern denke ich, dass es für den Markt relativ unerheblich wäre. Im Moment sehen wir eine sehr spannende Entwicklung im Bereich Bitcoin, aber auch bei Kryptowährungen generell. Schon Hayek hatte immer von konkurrierenden Währungen gesprochen. Da stehen wir mitten drinnen, der Markt wird im Moment allerdings stark gehypt. Aber ich denke, das was überleben wird, ist die (Blockchain)Technologie dahinter. Die ganze Innovation, die in dem Sektor gerade stattfindet, hat wirklich das Zeug dazu, ganze Industrien massiv zu verändern.

philoro: Was sagen Sie speziell zu der Währung Bitcoin?

Stöferle: Bitcoin kann durchaus als digitales Gold bezeichnet werden. Wenn man sich das White Paper von Satoshi Nakamoto anschaut, erkennt man, dass er da sicherlich Anleihen an Gold genommen hat. Man spricht nicht umsonst von Bitcoin „Mining“. Auch das Logo von Bitcoin erinnert eigentlich sehr stark an Gold und das sogenannte Stock-To-Flow Ratio ist in Anlehnung an Gold sehr hoch. Wie man sieht, gibt es also sehr viele Parallelen, die nicht unbewusst geschaffen worden sind.

philoro: Neben Gold ist auch Silber eine interessante Anlageform. Können Sie eine Einschätzung abgeben, wie sich der Silberpreis entwickeln wird?

Stöferle: Das Gold-Silber-Ratio spielt für uns im Investmentprozess eine große Rolle. Aktuell erkennt man, dass Silber relative Schwäche zeigt. Das heißt, das Gold-Silber-Ratio steigt. Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass der Bullenmarkt noch nicht wirklich Momentum aufgenommen hat. Im Zuge eines starken Bullenmarktes sollte Silber Gold outperfomen- Das sehen wir noch nicht. In unserem Goldreport haben wir geschrieben, dass wir uns in der Frühphase des Bullenmarktes befinden. Ich glaube, sobald Silber Gold stark outperformt, werden wir wirklich verstärktes Momentum sehen. Das wird auch der Moment sein, wo wir vermutlich ein steigendes Inflationsumfeld haben, denn das Gold-Silber Ratio ist ein hervorragender Inflationsindikator. Im Moment stehen die Ampeln noch nicht auf Grün, aber ich kann mir vorstellen, dass der Silberpreis im Zuge dieses Bullenmarktes den Goldpreis signifikant outperformen wird, also deutlich stärker steigt als Gold.

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