Zurück

Die Rolle von Gold in der Weltwirtschaft von 1900 bis heute

Kaum ein Rohstoff hat die Weltwirtschaft so stark geprägt wie Gold. Es war Anker, Rückgrat, Machtinstrument – und wurde immer dann besonders wichtig, wenn Systeme ins Wanken gerieten.

18. Juni 2025
Goldstories

Doch wie genau beeinflusste Gold die globalen Finanzströme der letzten 120 Jahre? Was bedeutete es für Staaten, Zentralbanken und Anleger – und wie entwickelte sich seine Rolle vom Währungsanker zur globalen Krisenwährung? In der „Geschichte des Goldes“ blicken wir zurück – auf Kriege, Goldstandards, Inflation, Krisen und Comebacks – und erklären, warum Gold auch heute noch eine Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft spielt.

Gold um 1900: Der Goldstandard als Fundament der Weltordnung

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich die Weltwirtschaft in einer Phase der Stabilität – getragen vom internationalen Goldstandard. Die Idee: Jede nationale Währung ist durch Gold gedeckt, kann in Gold umgetauscht werden, und internationale Handelsbeziehungen laufen über goldgedeckte Wechselkurse.

Diese Regelung hatte klare Vorteile:

  • Stabile Wechselkurse

  • Vertrauen in Geldwert

  • Disziplin für Regierungen, keine Inflation zu erzeugen

Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die USA – alle führenden Wirtschaftsnationen vertrauten auf diesen Mechanismus. Gold war nicht nur Schatz, sondern Rückgrat des globalen Handels.

1914 - 1944: Vom Zerfall zur Neuordnung

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 wurde der Goldstandard schlagartig suspendiert. Staaten brauchten Geld für Waffen, Soldaten und Material – und finanzierten sich durch Schulden und Notenpressen. Nach dem Krieg versuchte man, den Goldstandard wiederzubeleben – unter anderem mit dem Gold-Devisen-Standard. Doch die Realität sah anders aus: Hyperinflation in Deutschland, Deflation in den USA, Währungschaos in Europa.

In der Großen Depression der 1930er-Jahre zeigte sich endgültig: Der Goldstandard war zu starr für die neue Weltwirtschaft. 1933 hob US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Goldeinlösbarkeit des Dollars für Bürger auf. Gold wurde zum Staatsmonopol – und die Zentralbanken behielten die Kontrolle.

Der Wendepunkt kam nach dem Zweiten Weltkrieg.

Bretton Woods (1944): Gold wird zur globalen Reservebasis

Auf der Konferenz von Bretton Woods einigten sich die Siegermächte 1944 auf ein neues Weltwährungssystem:

  • Der US-Dollar wurde zur Leitwährung, an die alle anderen Währungen gebunden waren.

  • Der Dollar selbst war mit einem festen Kurs (35 USD/Unze) an Gold gekoppelt.

Die USA verpflichteten sich, auf Wunsch anderer Zentralbanken Dollarreserven in physisches Gold umzutauschen. Gold spielte damit eine zentrale Rolle in der Nachkriegsordnung.

In den 1950er und 60er-Jahren florierte die Weltwirtschaft, das System schien stabil – doch unter der Oberfläche brodelte es.

1971: Nixon schließt das „Goldfenster“ – das Ende einer Ära

Die USA hatten sich in den 1960er-Jahren zunehmend verschuldet – unter anderem durch den Vietnamkrieg und expansive Sozialprogramme. Gleichzeitig hielten immer mehr Länder hohe Dollarreserven und begannen, diese gegen Gold einzutauschen. Die Goldreserven der USA sanken dramatisch.

Am 15. August 1971 zog Präsident Nixon die Reißleine: Die USA hoben die Goldbindung des Dollars auf – das „Goldfenster“ wurde geschlossen. Der Dollar wurde zur reinen Papierwährung, Gold verlor seine Funktion als offizieller Anker – und wurde endgültig zum freien Marktgut.

Die 1970er: Gold im freien Fall – dann im Höhenflug

Nach der Entkopplung begann eine turbulente Phase: Die Weltwirtschaft durchlebte Ölkrisen, Inflation und Währungsturbulenzen. Gold war nun nicht mehr staatlich fixiert – und stieg auf nie dagewesene Höhen.

1971: 35 USD/Unze

1980: über 800 USD/Unze

Gold entwickelte sich zum Inflationsschutz und zur Krisenwährung. Investoren und Sparer weltweit begannen, es als Gegengewicht zu instabilen Fiat-Währungen zu betrachten.

1980er-1990er: Der „Dornröschenschlaf“ des Goldes

Mit der geldpolitischen Wende unter Paul Volcker (US-Zentralbankchef) gelang es, die Inflation zu besiegen. Die Zinsen stiegen, das Vertrauen in Papiergeld kehrte zurück – Gold verlor an Glanz. Die Preise sanken, Staaten verkauften teilweise Goldreserven. Der Glaube an stabile Zentralbanken verdrängte vorerst die Angst.

Gold wurde als „relic of the past“ bezeichnet – ein Relikt, das keine Rolle mehr spiele. Doch die Ruhe war trügerisch.

Ab 2000: Neue Krisen, neues Vertrauen in Gold

Mit dem Platzen der Dotcom-Blase (2001), den Terroranschlägen von 9/11 und den politischen Spannungen kehrte die Unsicherheit zurück – und mit ihr: Gold. Doch die große Stunde kam 2008 mit der globalen Finanzkrise. Lehman Brothers kollabierte, Banken mussten gerettet werden, das Vertrauen in Papiergeld und Institutionen war erschüttert. Gold wurde zur Rettungsboje – und der Preis stieg von 700 auf über 1.900 USD (2011). Zentralbanken, lange Zeit Nettoverkäufer, wurden wieder Käufer.

Seit 2020: Pandemie, Inflation, geopolitische Unsicherheit

Auch die letzten Jahre zeigen: Gold ist keineswegs Geschichte. Ob Pandemie, Lieferkettenprobleme, Ukrainekrieg oder Inflationsanstieg – das Vertrauen in „fiat money“ wird erneut auf die Probe gestellt. Während Notenbanken Milliarden in die Märkte pumpten, suchten viele Anleger Zuflucht in Gold. Der Preis blieb stabil hoch, auch wenn zwischenzeitliche Schwankungen eintraten. Gleichzeitig setzen viele Länder – etwa China, Indien, Russland – verstärkt auf den Aufbau von Goldreserven, um sich unabhängiger vom Dollar zu machen. Gold wird erneut geopolitisches Werkzeug und strategische Absicherung.

Fazit: Gold – von der Währungsbasis zur Wertbasis

Vom Goldstandard über Bretton Woods bis zum freien Markt: Gold hat viele Rollen gespielt – aber nie an Bedeutung verloren. Heute ist es keine offizielle Währung mehr – aber dafür eine Wertbasis, die unabhängig von Politik, Schulden und Inflation existiert.

  • Für Staaten: Gold bleibt Teil der Währungsreserven.

  • Für Anleger: Es ist Inflationsschutz und Vermögensversicherung.

  • Für die Weltwirtschaft: Ein Gegengewicht zur papierbasierten Geldschöpfung.

Die Geschichte zeigt: Wann immer Vertrauen schwindet, kehrt der Blick zurück auf Gold. Es ist nicht mehr das Zentrum des Systems – aber vielleicht dessen Gewissen. Mehr über die Geschichte des Goldes erfahren Sie in unserer Infothek.

Münzen sammeln als Investment: Chancen und Risiken
Münzen sammeln als Investment: Chancen und Risiken